PISA misst hauptsächlich, inwieweit Schülerinnen und Schüler gegen Ende ihrer Pflichtschulzeit Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben, die es ihnen ermöglichen, an der Wissensgesellschaft teilzuhaben. PISA macht aber auch Begleitstudien zum Einfluss des sozialen Hintergrunds.
Schülerinnen und Schüler aus Finnland haben auch 2016 in der PISA-Studie am besten abgeschnitten.
1968 entschied sich die parlamentarische Mehrheit in Finnland für ein integriertes Schulsystem. Ein zentrales Ziel ist es, die Bildungsmöglichkeiten für alle Bürger, unabhängig von Alter, Wohnort, wirtschaftlicher Situation, Geschlecht oder Muttersprache, zu gewährleisten. Der Unterricht ist dabei ebenso kostenlos wie soziale Leistungen, warmes Schulessen, Unterrichtsmaterial, Schulbücher für den Unterricht in Vorschule und Einheitsschule (Lernmittelfreiheit). Auch der Schülertransport wird vom Bildungsträger gewährleistet. Das finnische Bildungsministerium listet auf seiner Webseite unter anderem die folgenden heutigen Entwicklungsschwerpunkte des Bildungssystems:
Informationsgesellschaft, Unterricht der Mathematik und der Naturwissenschaften, Sprachunterricht und Internationalisierung.
Vorschulische Erziehung und Schulpflicht
Jedes finnische Kind hat bis zum Alter von drei Jahren Anspruch auf einen Kinderkrippenplatz. Der Anspruch ist freiwillig. Eltern, die ihre Kinder selbst zu Hause betreuen, werden dafür finanziell belohnt. Für die Betreuung von Kindern stehen von Geburt bis zum 6. Lebensjahr Kindertagesstätten zur Verfügung. Obwohl 2001 schon ca. 90 Prozent der Sechsjährigen eine einjährige Vorschule besuchten, wurden die Gemeinden im selben Jahr dazu verpflichtet allen Kindern einen Platz dafür einzuräumen. Die allgemeine Schulpflicht beginnt in dem Jahr, in dem das Kind das 7. Lebensjahr vollendet hat und endet nach neun Jahren mit der Einheitsschule.
Einheitsschule
Seit 1999 wird die Einheitsschule nicht mehr in sechs Unter- und drei Oberstufenklassen eingeteilt. Stattdessen wird in den ersten sechs Jahren der Unterricht von Klassenlehrern geleitet (etwa 3000 Schulen), in den letzten drei Jahren von Fachlehrern (etwa 600 Schulen). Es gibt verbindliche Bildungsziele und Bewertungskriterien, die vom Finnish National Board of Education festgelegt werden. Die Gemeinden und Schulen erstellen auf dieser Grundlage dann einen Lehrplan. Lehrer haben die Freiheit, eigene Lehrmaterialien einzusetzen und den Unterricht nach ihren eigenen Lehrmethoden zu gestalten. Es gibt keine Bewertung in Form von Noten von der ersten bis vierten Klasse. Ab der fünften darf benotet werden, erst ab der siebten müssen Noten vergeben werden. Mindestens einmal im Jahr erhält jeder Schüler einen Bericht. Eine bestandene Abschlussprüfung der Einheitsschule ist die Voraussetzung für jegliche weitergehende Bildung. Nach neun Jahren kann fakultativ ein 10. Schuljahr besucht werden. Großer Wert wird auf Fremdsprachen und Sonderunterricht gelegt.
Nach dem Ende der Schulpflicht bestehen im Wesentlichen zwei Bildungswege. Übergänge in beide Richtungen sind dabei möglich.
Ausbildung auf der allgemeinbildenden Sekundarstufe
In der allgemeinbildenden Sekundarstufe II werden die Schüler nach einer Aufnahmeprüfung drei weitere Jahre unterrichtet und in einem Kurssystem bis zum Abitur geführt. Man kann allerdings auch zwischen zwei und vier Jahren dafür in Anspruch nehmen. Über 90 Prozent aller Jugendlichen in Finnland (in Deutschland 43,1 % vgl. Abiturientenquote) erhalten das Abiturzeugnis, wobei der Anteil der Mädchen bei 60 Prozent liegt. Bei Nichtbestehen gibt es die Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung. Die Abiturprüfung wird in Finnland zentral organisiert, und die jeweiligen Fachprüfungen werden in allen Gymnasien gleichzeitig abgehalten. Die Abiturprüfung umfasst obligatorisch die Muttersprache, eine Fremdsprache, Mathematik oder ein Fach aus der Geistes- oder Naturwissenschaft.
Ausbildung auf der berufsbildenden Sekundarstufe
Der Weg der berufsbildenden Sekundarstufe II kann im Rahmen einer Berufsausbildung oder einer Lehre absolviert werden. In sieben verschiedenen Sektoren werden Berufsqualifikationen angeboten.
Dazu zählen: Technik und Verkehr, Handel und Verwaltung, Naturressourcen, Ernährung und Wirtschaft, Soziales und Gesundheit, Kultur und Freizeit/Sport.
Jede Berufsausbildung umfasst mindestens 20 Studienwochen Ausbildung am Arbeitsplatz sowie Kurse in den Kernfächern sowie Wahlfächer. Träger der beruflichen Bildung sind 55 Gemeinden, 70 Verbände, 95 private Gesellschaften und Stiftungen sowie fünf berufliche Sonderschulen. In Finnland werden die Auszubildenden auch Studenten genannt und können sich nach einer drei Jahre dauernden beruflichen Grundausbildung für ein nachfolgendes Studium an einer Hochschule befähigen. Der Berufsausbildungsabschluss umfasst eine größere Abschlussarbeit. Charakteristisch für das finnische Berufsausbildungssystem sind neben der theoretischen Ausbildung Abschnitte in eigenen Werkstätten sowie ein Werkspraktikum.
Johann C. Fuhrmann, Norbert Beckmann-Dierkes: Finnlands PISA-Erfolge: Mythos und Übertragbarkeit In: KAS Auslandsinformationen 07/2011, Berlin 2011